James Nestor: Breath. Atmen. Neues Wissen über die vergessene Kunst des Atmens.

„Wer dieses Buch liest, wird nie mehr so atmen wie vorher“ verspricht der Klappentext. Abenteuer und Aha-Momente gefällig? James Nestor dich mit auf eine wahrlich lehrreiche und gleichsam spannende Reise. In seinem 2020 erschienenen Spiegel-Bestseller erzählt und erklärt er in zehn Kapiteln, thematisch unterteilt in drei Teile plus Epilog und Anhang mit Praxisübungen, die Geschichte der natürlichsten und zugleich wichtigsten Sache der Welt: Dem Atmen.

Atmen. Unspektakulär und alltäglich? Ja, so mag es klingen. Doch das Thema birgt eine Fülle von Erkenntnissen, die vermutlich jede:r nachvollziehen und nachspüren kann – wenn man dafür erstmal sensibilisiert ist. Denn Atmen – ja, das tun wir alle in jeder Minute unseres Lebens. Im Schnitt nehmen wir minütlich ca. 12-15 Atemzüge: Ein und Aus. Tendenziell atmen wir unbewusst häufiger, mit etwas Übung und Bewusstsein vielleicht etwas seltener. Aber wozu sollte man sich damit beschäftigen, und dann auch noch in einem ganzen Buch, wenn man nicht gerade Lungenmediziner:in ist? Was kann an diesem Thema spannend sein?

Wie einen Großteil der Menschheit plagt auch James Nestor, wie er es selbst beschreibt, eine „chronisch verstopfte Nase“ und er kämpft Zeit seines Lebens immer wieder mit den scheinbar „normalen“ Atemwegsproblemen: Von verstopften Stirn- und Nebenhöhlen inklusiv Infekten über das Schnarchen bis hin zur gelegentlichen Schlafapnoe. Ganz normal, würden vermutlich viele behaupten. Dazu gibt es ja noch den Mund und außerdem Nasensprays.

Bei James Nestor ist der Leidensdruck zu groß, als dass er sich einfach damit zufriedengibt. In einem Atemkurs entdeckt und erfährt er am eigenen Leib, was das schnöde Luft rein- und rauslassen kann und vor allem, was es bewegt und verändert. Er beginnt zu recherchieren und begibt sich auf eine „Reise“, die ihn zehn Jahre lang durch die ganze Welt und durch die nahezu gesamte Menschheits- und Kulturgeschichte führt. Als Leser:innen dürfen wir ihn begleiten. Und das ist erstaunlich spannend.

Anschaulich erzählt er von seinen Etappen, Erkenntnissen und persönlichen Fortschritten und berichtet von den Orten und Menschen, die er mitsamt ihrem Wissen und ihren Geschichten kennenlernt. Völlig verrückt liest es sich manchmal, wohin er sich begibt, wen er kennenlernt und was er ausprobiert. Er besucht Universitätskliniken, unterirdische Friedhöfe, abgelegene Psychotherapiezentren, Yogastudios.

Er spricht mit renommierten Expert:innen eines außergewöhnlichen Fachgebiets, das keinen so richtigen eigenen Namen hat: Nebenhöhenchirurg:innen, Zahnmediziner:innen, Schädelsammler:innen, Psycholgi:innen und Therapeut:innen, (Atem)Trainer:innen, Yogi:nis. Er berichtet über Menschen, die mit Hilfe ihrer Atempraxis Erstaunliches leisten und bewegen – von Opernsänger:innen über Leistungs- und Extremsportler:innen, Kriegsveteranen bis hin zu chronisch Erkrankten. Er stöpselt sich gemeinsam mit einem vom „richtigen“ Atmen besessenen Schweden tagelang die Nasenlöcher zu, verbringt seine Nächte mit Klebeband vorm Mund und macht seine Wohnung über Wochen zu einem privaten „Atemlabor“. Er hechelt auf Yogamatten vor sich hin und schiebt sich durch enge Katakomben unter Paris hindurch. Vor allem aber schreibt er über all das und liefert dabei ein großartig aufbereitetes Faktenwissen – mit einer unglaublichen Faszination für das, was er selbst erfährt.

Die gesamte Menschheitsgeschichte über haben sich Einzelpersonen und ganze Kulturen immer wieder mit den Auswirkungen der Atmung auf die Gesundheit und das Wohlbefinden befasst. Verschiedene Atemtechniken und das dazu gehörige Wissen wurden immer wieder vergessen und neu entdeckt. James Nestor bereitet dieses Wissen neu auf und erklärt uns dabei, wie Atmen die menschliche Evolution und unser Aussehen beeinflusst und umgekehrt, welchen Einfluss Industrialisierung und Ernährung dabei spielen, wie Atmen und Stress zusammenhängen, was die Gebete (sämtlicher Religionen) mit dem Atmen und der Gesundheit zu tun haben und wie man durch das Atmen seine (sportliche) Leistungsfähigkeit um ein Vielfaches steigern kann.

Es gibt selten Sachbücher, die ich so verschlinge. Dieses hier ist anders, praktisch, nachvollziehbar und „nachfühlbar“. Wird man erst einmal auf bestimmte Atemmuster und Symptome aufmerksam gemacht, erkennt man immer mehr, was letztlich mit dem Atmen und dem Atem verbunden ist. So habe ich mich beispielsweise beim Joggen mit offenem Mund ertappt. Meine darauffolgenden Versuche, beim Sport rein durch die Nase ein- und auszuatmen, waren schlichtweg eine Herausforderung – zunächst. Denn oft ist es nicht nur Übungs-, sondern auch Kopfsache. Mittlerweile gelingt mir ein Cardiotraining mit reiner Nasenatmung.

Warum das so erstrebenswert ist, lässt du dir am besten von James Nestor selbst erklären.
Völlig erhellend fand ich auch die im Buch beschriebenen Erkenntnisse zu den Auswirkungen von „richtigem“ und „falschen“ Atmen – auf den Menschen als Individuum und auf die Entwicklung der Menschheit insgesamt. Ohne zu Mahnen oder Angst zu machen vor Krankheiten oder „falschem“ Atmen lädt der Autor dazu ein, sich einzulassen auf ein anderes Atmen. Dazu inspiriert er mit den Geschichten von Menschen, die das Atmen und bestimmte Techniken als Schlüssel für Gesundheit und Wohlbefinden entdeckt haben. Das Buch enthält außerdem Anleitungen für Atemübungen, die so (ähnlich) auch im Yoga zu finden sind. James Nestor erklärt aber auch, welche (extremeren) Techniken man keinesfalls alleine und ohne Anleitung durchführen sollte.

Breath. Atmen. hat mich abgeholt an einem Punkt, an dem ich mich (unbewusst) schon mehrfach mit dem Atmen beschäftigt hatte. Als Yogini hat bewusstes Atmen auf der Yogamatte bei mir lange nur eine Nebenrolle gespielt. Seit Anfang 2020 habe ich mir zudem eine stabile Meditationspraxis aufgebaut, in die ich gelegentlich einzelne Pranayama-Übungen miteinfließen haben lasse. Letztlich war es das Tauchen, das mich auf dieses Buch brachte. Nachdem ich 2020 meinen ersten Gerätetauchkurs absolviert habe, war ich auf der Suche nach Literatur. Besonders über das Apnoetauchen – das Tauchen ohne Atemgerät, rein mit dem Anhalten der Luft – wollte ich mehr erfahren, als mir James Nestors Bestseller förmlich in die Hände fiel. James Nestor ist selbst Taucher. Als Journalist schreibt er außerdem unter anderem für das Magazin Outside und die New York Times. In Breath.Atmen. teilt er Wissen und Erfahrungsschatz in einem unterhaltsam gestalteten Werk. „Tauch“ ein in die Welt des Atmens und begib dich auf eine Reise, die den Fokus neu setzen kann – wenn du dich darauf einlässt.

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